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Katharina Ruffer

Mediatorin, Moderatorin und Konfliktmanagerin

11. Januar 2024

Konflikt – ein Wort, das Ohnmacht erzeugt?

Welche Assoziationen hast Du, wenn Du das Wort „Konflikt“ hörst? Welche Situationen oder Bilder verbindest Du damit? Wie fühlst Du Dich?

 

Viele Menschen verbinden einen Konflikt in erster Linie mit etwas Negativem, das es zu vermeiden gilt. Doch schauen wir uns den Begriff etwas genauer an.

 

Das Wort „Konflikt“ stammt aus dem Lateinischen „confligere“ (1) und hat zwei ursprüngliche Bedeutungen:

 

  1. Physisches Aufeinandertreffen zweier Gegenstände
  2. Im Streit liegen

 

Ein Umkehrschluss könnte lauten, dass überall dort, wo Menschen aufeinandertreffen, Konflikte entstehen (können). Es liegt scheinbar in der Natur unseres sozialen Miteinanders.

 

Die drei Wissenschaftler Jeffrey Z. Rubin, Dean Pruitt und Sung Hee Kim (2) definierten das Phänomen des sozialen Konflikts (also einen Konflikt zwischen zwei oder mehreren Menschen) bereits 1994 wie folgt:

 

(Ein Konflikt ist die) „Wahrgenommene Divergenz von Interessen zwischen zwei Parteien oder deren Vorstellung, dass die von ihnen angestrebten Ziele nicht gleichzeitig zu erreichen sind.“

 

Laut dieser Definition entsteht ein Konflikt dann, wenn unsere Interessen „auseinandergehen“. Während mein Partner gerne Sportschau guckt, hätte ich mehr Lust auf einen Krimi. Würden wir dies bereits als einen Konflikt bezeichnen? Wohl eher kaum. Und selbst, wenn uns die Situation am Arbeitsplatz stark belastet und wir in Erwägung ziehen, zu kündigen, fällt es den meisten von uns schwer, dies als einen Konflikt zu titulieren. „Ich würde nicht sagen, dass ich einen Konflikt habe, aber…“ höre ich dann oft mein Umfeld sagen.

 

Konflikte? Haben die anderen. Und überhaupt, sind sie nicht auch ein Zeichen von mangelnder Sozialkompetenz? Solange diese Meinung herrscht, wird sich in der Konfliktkultur – sei es in der Familie, im Freundeskreis, im Team, im Unternehmen oder innerhalb einer Gesellschaft kaum etwas ändern.

 

Ein Grund dafür liegt meines Erachtens darin, dass das Wort Konflikt in unserem westlich geprägten Kulturkreis immer noch sehr negativ konnotiert ist. Kein Wunder, denn auch gewaltvolle Auseinandersetzungen zwischen zwei Gruppen bis hin zum Krieg werden international als „conflicts“ bezeichnet. Konflikt, ein Wort, das Ohnmacht erzeugt.

 

Doch Konflikte beginnen auch im Kleinen, wo uns noch Handlungsspielraum zur Verfügung steht. Würde es dabei helfen, die Hemmschwelle zur Wahrnehmung alltäglicher Konfliktsituationen zu senken, indem man „Wording“ ändert, also die Bezeichnung? Konflikte können nämlich (auch) Zeichen sein – dafür, dass sich etwas verändern darf und Veränderungen können neben der Angst durch Ungewissheit auch viele positive Effekte haben, wie Wachstum und Wandel. Wie wäre es also mit dem Wort Veränderungspotential?

 

Der erste Schritt in die Richtung eines konstruktiven Konfliktumgangs führt aus meiner Sicht in die eigene Selbst- und Fremdwahrnehmung (befinde ich mich in einem Konflikt – mit meinem Partner, Freund oder Arbeitskollegen?).

 

Vielleicht. Okay, was kann ich tun? Ein möglicher erster Anhaltspunkt für mich lautet Transparenz – und zwar einerseits mir selbst und andererseits meinem Umfeld gegenüber. Zunächst einmal gehe ich selbst in die Reflexion und frage mich:

 

Was ist passiert?

Wie geht es mir dabei?

Was brauche ich (von mir selbst und von meinem Umfeld)

 

Und wenn ich für mich Klarheit über diese Fragen erlangt habe, dann kann ich in den Austausch mit meinen Mitmenschen treten und klar kommunizieren, wie ich etwas wahrnehme, wie es mir damit ergeht und was ich mir (stattdessen) wünschen würde.

 

Am Ende des Tages kann uns ein offener Umgang mit Konfliktthemen, mit unseren Gefühlen und Bedürfnissen als Gesellschaft weiterbringen.

 

Also, probieren wir es aus: Die Welt des Konfliktmanagements und der Kommunikationsmethoden ist groß und wartet darauf, entdeckt zu werden…

Literatur:

 

1   Baros, Wassilios (2004): Konfliktbegriff, Konfliktkomponente und Konfliktstrategien. In: Sommer, Gert / Fuchs, Albert (2004): Krieg und Frieden. Handbuch der Konflikt- und Friedenspsychologie. Weihnheim, Basel, Berlin: Beltz Verlag. (S. 208-221)

 

2   Rubin, J. Z., Pruitt, D. G. & Kim, S. H. (1994): Social conflict – escalation, stalemate and settlement. New York: Mc Graw-Hill.

 

 

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